Liebe Freundinnen und Freunde der Jemal Nebez Stiftung, liebe Kurdinnen und Kurden!
Da einer unserer Höhepunkte in diesem Jahr die Ehrung von Zara Mohammadi als erste Jemal Nebez-Preisträgerin sein wird, überlegen wir, die eigentliche Preisverleihung in eine größere Veranstaltung einzubetten.
Wir freuen uns schon sehr darauf, unsere Preisträgerin 2023 persönlich kennenzulernen
Wir werden eine solche Veranstaltung im Sommer oder Herbst abhalten, wobei Zara sehr wohl und im Idealfall persönlich anwesend sein wird. Der genaue Termin steht noch nicht fest, aber wir möchten alle Interessierte schon jetzt wissen lassen, dass wir eine solche Veranstaltung und Ehrung abhalten werden.
Sobald es mehr Details zu berichten gibt, werden wir sie hier auf dieser Seite und auf unserer dem Jemal Nebez Preis gewidmeten Unterseite bekannt geben, sowie aktiv über unsere Mailingliste.
Innerhalb von Tagen – am 14.Mai - wird in der Türkei gewählt
Diese Wahl hat weltweit viel Aufmerksamkeit. Sie soll wichtig für die Zukunft der Türkei sein. Zwei Lager geben sich – den Umfragen zufolge - ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Der noch-Präsident Recep Erdogan (mit der von ihm gegründeten konservativ-islamische AK Partei und neuerlich notwendigen, extremrechten ultranationalistischem Koalitionspartner MHP) steht einem ungewöhnlichen Oppositionsbündnis gegenüber. Das wird von der konservativen Jahrhundert-Partei CHP (republikanische Partei) unter Kemal Kılıçdaroğlu angeführt, der sich nach und nach mehrere kleine Parteien an seine Seite hat holen können.
Wahlkampf mit harten Bandagen um die Mehrheit der Stimmen
Es geht um Inflation und Korruption, um die Flüchtlingssituation, um das Jahrhundert-Erdbeben und wer schuld an dessen kataklysmischen Folgen ist.
Außerdem geht es um die unter noch-Präsident Erdogan deutlich erstarkte Islamisierung der Gesellschaft sowie um die vielen Menschen wichtige Rückkehr der Türkei zum Parlamentarismus, nachdem von Präsident Erdogan alternativ das Präsidialsystem eingeführt worden ist, überhastet und autokratisch, nachdem er 2015 einen Putschversuch hatte erleben müssen.
Eher autokratische Einführung des Präsidialsystems
Die neue Staatsform wurde zunehmend autokratisch eingeführt und zum ungünstigen Zeitpunkt, so die vielen Kritiker. Sie wurde eingeführt, nachdem der noch-Präsident einen Putschversuch erleiden musste, wobei bis heute unklar ist, ob er ihn nicht selbst inszeniert hat. Andere suchen die Schuldigen in der Gülen-Bewegung. Noch andere sehen einen Zusammenhang mit den zuvor über 2 Jahre auf höchster Ebene geführten Gesprächen mit Kurdenvertretern. Diese scheiterten dadurch, dass Erdogan, dann noch Ministerpräsident, sie unerwartet abbrach. Es war, als ob diese Gespräche sich für den AK Chef plötzlich wie ein heißes Eisen darstellten.
Denkbar ist, dass der AK Chef plötzlich erkannte, dass zuviel Neuerung ihm ganz schnell die die Regierungsmehrheit entziehen würde. Auf jeden Fall machte er – nach Abbruch der Gespräche mit den Kurdenvertretern - diejenige Partei zu seinem Koalitionspartner, die der Anerkennung der kurdischen Identität in der Türkei am feindseligsten gegenübersteht. Mit der ultranationalistischen MHP ist er auch in diesen Wahlkampf getreten.
Erdogans ‚Heißes Eisen‘- Geburtsfehler und Völkermord Politik
Die ersten 10 Erdogan-Jahre waren für ihn und seine konservativ-islamische AK Partei wunderbare Jahre. Offenbar hatte er sich stark gefühlt, als er die Gespräche auf höchster Ebene begann und sie auch nicht verheimlichte, wiewohl er doch gewusst haben muss, dass am Geburtsfehler seines Landes zu rühren, in seinem Lande immer noch tabu ist
Nur ein weiterer Politiker in den 100 Jahren seit Gründung der Türkei hatte sich vor Erdogan das gewagt.
Der vom türkischen Militär 1989 in das Amt des türkischen Staatspräsidenten gebrachte Turgüt Özal, Gründer der Anavatan (Mutterlandspartei) und hervorragender Wahlkämpfer, war populär und hatte Erfahrung in der türkischen Politik. Vor der Ehre, die ihm das türkische Militär einräumte, hatte er schon zweimal als Ministerpräsident gedient. Özal ließ sich durch das Tabu nicht abhalten.
Er starb 1993 im Amt. Seine Familie meinte, dass er vergiftet worden sei.
Ein Blick in die Geschichte. Im Sevres-Vertrag von 1920 wurden den Kurden ihre nationalen Rechte nicht abgesprochen, die Option der zukünftigen Unabhängigkeit wurde erwähnt. Für den Fall ihrer teilweisen Zuordnung zum Territorium des zu gründenden Staates Türkei wurde ihnen im Sevres-Vertrag ausdrücklich Autonomie zugesagt.
Aber der Sevres-Vertrag wurde aufgrund des weitergehenden Krieges ausgesetzt. Nach dem zwei Jahre später auch der Türkisch-Griechische Krieg 1919-22 beendet war, wurde der Vertrag von Sevres (1920) durch den Vertrag von Lausanne 1923 ersetzt.
Der Lausanne Vertrag regelte im Wesentlichen die Vertreibung der Griechen aus Kleinasien und legte die heutige Grenze zwischen Griechenland und der Türkei fest. Dazu enthielt er mehrere Artikel zu den Rechten von Minderheiten in der zu gründenden Türkei, mit welchem Begriff im islamischen Kontext traditionsgemäß Christen gemeint sind. Wohl dem revolutionären Zeitgeist und der Einfachheit geschuldet wurde im Lausanne Vertrag darauf verzichtet, die Kurden mit Namen zu nennen. In einem Statement, das der Leiter der türkischen Delegation zu Protokoll gab, werden sie aber ausdrücklich genannt: „Die Regierung der Großen Nationalversammlung derTürkei ist die Regierung der Kurden genauso wie die der Türken (...).“
Aber die Realität in dem neuen Staat war ganz anders.
Etwas Neues und Schreckliches entstand unter den Händen in der von Kemal Atatürk in den ersten 15 Jahren geführten türkischen Regierung, was - in aller Kürze - Völkermord-Politik genannt werden kann. Zu gleicher Zeit arbeitete der Staatsapparat an der Ideologie des in der Region völlig neuartigen Staates. Als Nationalstaat westlichen Musters nutzte die Türkei auch ihre außenpolitischen Möglichkeiten für die Umsetzung ihrer anti-kurdischen Ziele im eigenen Staat.
Abgesehen von was in den ersten Jahrzehnten zur gängigen Völkermord-Politik gehörte, wie die Benutzung des Wortes Bergtürken für Kurden, das Verbot, die kurdische Sprache in der Öffentlichkeit zu sprechen, oder die vielen türkischen Militäroperationen in die kurdischen Gebiete mit schrecklich vielen Menschenopfern und der Zerstörung der Lebensgrundlagen (welche Maßnahmen in den 1980/90er Jahren wieder neu eingesetzt wurden), es gab auch noch mehr Maßnahmen. Für die Gegenwart ist das Heraushalten des Kurdischen aus dem öffentlichen Schulsystem der Türkei zu nennen und der Umstand, dass Menschen ihre angestammte kurdische Identität in der Türkei nur leben können, wenn sie bereit sind, Schreckliches zu erleiden, unter anderem: Terrorismus-Verdacht, Verhaftung, Verhöre.
Was kann sich, wie ändern?
Leider kann es dazu derzeit keine Antwort geben, und wahrscheinlich auch nicht nach den Wahlen. Aber nach dem Rezept von Demokratien haben wir – nach bestem Wissen und Gewissen – mitgeteilt, was wir für außerordentlich wichtig halten und was nicht länger ungesagt bleiben darf.
Möge es mehr guten Willen zwischen den Menschen geben. Möge es mehr guten Willen für Kurden geben. Ein denkbarer Ansatz wäre die Aufarbeitung dieser Problematik samt ihren Weiterungen, mit Blick auf die Zukunft.
Wer könnte das leisten? Das könnte die UNO sein. Das könnte, um einen Anfang zu machen, auch ein von manchen verantwortungsbewussten Staaten geschaffenes und beauftragtes Gremium sein.
Reez w silav!
Herzliche Grüße!
Jemal Nebez Stiftung
Rechtsfähig und gemeinnützig
Hier in der Galerie zeigen wir manche Bücher und Schriften unseres Namensgebers. die auf seiner weiter bestehenden Webseite anschaulich aufgelistet sind: https://jemalnebez.org/jemalnebez_literatur.html
Wer eine nicht aufgelistete Schrift von Jemal Nebez in seinem Besitz hat, möge uns das bitte mitteilen, gerne über unser Kontaktformular. Das Ziel ist ein umfassendes Verzeichnis der Werke und Schriften unseres Namensgebers Jede Hilfe ist willkommen.